Abgesehen von der Thematik der möglichen Kooperation oder getroffener Absprachen zwischen Mitgliedern des Trump-Wahlkampfteams und russischen Offiziellen beschäftigten sich die Untersuchungen des Sonderermittlers Mueller auch mit der Frage, ob Donald Trump sich der Behinderung der Justiz (obstruction of justice) schuldig gemacht hat.
In diesem Zusammenhang beschäftigte sich das Mueller-Team mit der Entlassung von FBI-Direktor Comey und Trumps vorherigen Gesprächen mit diesem, in denen Trump angeblich dazu aufgefordert haben soll, Ermittlungen gegen seinen ehemaligen nationalen Sicherheitsberater Mike Flynn einzustellen. Der Rauswurf Comeys erfolgte zu einem Zeitpunkt, als beinahe täglich neue Schlagzeilen über eine vermutete Kooperation der Trump-Kampagne mit Russland erschienen. Nachdem der FBI-Direktor gefeuert wurde, sagte Trump, es sei nun Druck von ihm genommen worden – auch das sicher eine Aussage, die bezüglich des Vorwurfs der Justizbehinderung genauer betrachtet worden ist.
Auch Gespräche Trumps mit Comeys Nachfolger McCabe und mit anderen Offiziellen sind für diese Ermittlungen von Interesse gewesen, ebenso wie Falschaussagen Trumps und anderer bezüglich der Treffen mit dem russischen Botschafter vor der Amtsübernahme. Weiterhin fragwürdig waren Trumps wiederholte Angriffe gegen Justizminister Sessions. Das Justizministerium operiert, auch im Interesse der Gewaltenteilung, weitgehend unabhängig von der Regierung, doch Trump schien von dieser Distanz nichts zu halten. Über Twitter hatte er Sessions mehrfach in harschen Worten angegriffen und ihn aufgefordert, diese oder jene Untersuchung zu beginnen oder zu intensivieren.
In einem Brief der Rechtsberater Trumps an Mueller aus dem Januar 2018 behaupteten diese, Trump könne der Behinderung der Justiz gar nicht schuldig sein, da er als Präsident volle Bestimmungsgewalt über Ermittlungen auf föderaler Ebene habe.
In Muellers Abschlussbericht schließlich findet der Sonderermittler hinsichtlich des Vorwurfs der Justizbehinderung klarere Worte als für den in Frage stehenden Tatbestand der Verschwörung mit Russland. Mueller legt darin zehn Ereignisse vor, in denen Trump sich der Justizbehinderung schuldig gemacht haben könnte, überlässt die Entscheidung darüber aber dem Kongress, der nach den Prinzipien der Gewaltenteilung den Präsidenten kontrollieren soll. „Die Schlussfolgerung, dass der Kongress die Gesetze zur Justizbehinderung auf die korrupte Ausnutzung der Macht des Amtes durch den Präsidenten anwenden kann, stimmt mit unserem konstitutionellen System der Checks and Balances überein und mit dem Prinzip, das niemand außerhalb des Gesetzes steht“, so die verklausulierte Formulierung im Abschlussbericht. Muellers Team hatte nach zwei Jahren lediglich Beweise zusammengetragen, hatte aber keine klare Handlungsempfehlung abgegeben oder gar eine Anklage gegen Trump erhoben. Dass Trump diese Formulierungen als klaren Freispruch feierte, ist aber falsch, denn Mueller schreibt auch, wenn es Belege gegeben hätte, die den Präsidenten in Bezug auf Justizbehinderung entlastet hätten, so hätte er diese erwähnt. Die Tatsache, dass es nicht bereits nach Veröffentlichung des Mueller-Reports zu einem Amtsenthebungsverfahren gekommen ist, ist also letztlich nur der Untätigkeit des republikanisch dominierten Kongresses zu verdanken, nicht aber den Ergebnissen des Sonderermittlers.